...einer der rätselhaftesten Mordfälle der jüngeren Literaturgeschichte. Kamel Daoud rollt in seinem ersten, voll überraschender Wendungen steckenden Roman „Der Fall Mersault– eine Gegendarstellung“ (französ. Orig. 2014, dtsch. 2016) jene Kriminalfallgeschichte neu auf, die bei ihrem Erscheinen 1940 für Empörung vor allem unter hitlertreuen Vichy-Regime-Anhängern sorgte: die Erzählung „L´ Étrangér“ (dtsch. „Der Fremde“). Ihr Verfasser, der spätere Literaturnobelpreisträger Albert Camus, selbst algerienfranzösischer Herkunft, hatte in den Jahren bis zu seinem frühen Unfalltod 1960 oft Gelegenheit, sich kritisch öffentlich mit der kolonialistischen Vergangenheit, der Kriegs- und Nachkriegsepoche Frankreichs und der es zu zerreißen drohenden Ideologien auseinanderzusetzen. Durch den Journalisten und Autor Kamel Daoud (* 1970 in Mostaganem, Algerien) tritt der „Fall Mersault“ in aktuelle Debatten ein, die um Fragen der Zugehörigkeit und Fremdheit, Gewissens- und Religionsfreiheit, Toleranz und Integration kreisen. Und es geht um Befreiungskampf, Revolte, Terror und den uralten Zwiespalt über der Frage nach Heiligung des Zwecks oder der Mittel bei der Suche nach Freiheit und Wahrheit. Daouds Geschichte wird erzählt vom Bruder Haroun des (bei Camus namenlos bleibenden) Arabers Moussa. Vor dem Hintergrund der algerischen Befreiungsbewegung entrollt sich eine Geschichte voll Trauer und Aberwitz, Poesie, Zorn und Zärtlichkeit. Roswitha Seiffert stellt Parallelen und Unterschiede beider Geschichten dar und begründet ihre Auffassung, daß nicht nur auf der literarisch-dichterischen Ebene hier zwei „fremde Brüder“ einander begegnen und unserer krisenhaften Gegenwart etwas „mitzuteilen“ haben. Samstag, 15.10.2016 um 17 – 19 Uhr, Café Buch-Oase, Germaniastr. 14 in Kassel-West. Eintritt frei, Spenden erwünscht. Das Aufeinandertreffen zweier Sichten auf einen speziellen Mordfall zeitgenössische algerische Autor Kamel Daoud und der 1960 verstorbene algerienfranzösische Dichter Albert Camus im fiktiven Gespräch. Weiterlesen »